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„Wie ticken Jugendliche?“ – SINUS-Jugendstudie 2024

Zum Thema • 13.06.2024
Cover der SINUS-Studie
© bpb

Die erste große Wahl im Superwahljahr 2024 liegt hinter uns: die Europawahl. Der starke Trend in Richtung rechts, der deutlich wurde, liegt unter anderem auch daran, dass viele junge Menschen konservativ bis rechts gewählt haben. Diese Entwicklung kommt nicht völlig überraschend. So zeigten vor kurzem bereits die Ergebnisse der Trendstudie "Jugend in Deutschland 2024https://www.reflexionstool-demokratiebildung.de/aktuelles/verantwortung-fuer-die-zukunft-ja-aber-trendstudie-jugend-deutschland" dass sich immer mehr junge Menschen rechten Parteien zuwenden. Dies stellt einen erheblichen Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren dar

Doch welche Einstellungen haben die jungen Menschen, die nun das erste Mal wählen durften und/oder ihre Kreuze das erste Mal bei der Bundestagswahl 2025 machen werden? Die qualitative SINUS-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“ untersucht alle vier Jahre die Lebenswelten der 14- bis 17-Jährigen in Deutschland und berichtet über die aktuelle Verfassung der jungen Generation. Basis dafür sind mehrstündige Einzelexplorationen. Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) ist Partnerin dieser Studie.

Mehrere bislang veröffentlichte Studien, die diese junge Zielgruppen angeschaut haben, kommen zu einem ähnlichen Ergebnis: Die Jugend von heute ist besorgt. Verschiedene Krisen – Umwelt, Klima, Energie, Inflation, Kriege – beschäftigen die 14- bis 17-Jährigen stark. Hinzu kommen die daraus resultierenden Ungewissheiten über Migrationsdynamiken und die damit verbundene Entwicklung von Rassismus. Zwar besteht in der Zielgruppe kein allgemeiner Enthusiasmus, optimistisch sehen die meisten dennoch in die Zukunft.

Optimistisch, aber nicht enthusiastisch

Einen positiven Effekt haben Krisen und Kriege jedoch bei den Befragten: Die Akzeptanz von Diversität und die Sensibilisierung für Diskriminierung ist groß. Das liegt unter anderem daran, dass beide als soziale Werte angesehen werden, die vor allem unter den Begriff Toleranz fallen. Das betrifft nicht nur die Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen, sondern auch den Bereich der Gender-Gerechtigkeit und pluralisierter Lebensformen.

Politikverdrossenheit ist und bleibt im Jahr 2024 ein großes Thema – natürlich auch bei den Jugendlichen. Die SINUS-Studie kommt auch hier zu einem ähnlichen Schluss wie viele andere Studien: Die Jugend von heute ist nicht sonderlich politisiert. Zwar beherrschen die oben genannten Themen die konsumierten Medien, betroffen fühlt sich davon – mit Ausnahmen Klimawandel und Diskriminierung – niemand persönlich. Dazu komme laut Studie ein Gefühl der Einfluss- und Machtlosigkeit.

Social Media als wichtigste Informationsquelle

Die sogenannten Sozialen Medien – vor allem TikTok, Instagram und YouTube – nutzen die meisten Jugendlichen als Hauptinformationsquelle. Die Vorteile der Informationsaufbereitung in Social Media sind aus Sicht der Jugendlichen ihre Aktualität, ihre gute Verständlichkeit (Prägnanz) und ihr Unterhaltungswert. Politische Inhalte werden dabei als „Beifang“ angesehen. Die eigene Fähigkeit, Fake News von richtigen und vollständigen Informationen zu unterscheiden, werden selbst als hoch eingeschätzt. Schule sollte spielt bei der Aufklärung über diese Zusammenhänge eine wichtige Rolle spielen. Die digitale Kluft in Schulen verstärkt daher die Ungleichheiten zusätzlich. Außerdem wünschen sich Jugendliche oft mehr Engagement von Lehrer:innen bezüglich der Integration von digitalen Elementen im Unterricht.

Die SINUS-Jugendstudie

Die SINUS-Jugendstudie ist eine qualitativ-empirische Bestandsaufnahme der soziokulturellen Verfassung der jungen Generation. Wie in den Vorgängerstudien greift das SINUS-Institut hierbei auf ein breites methodisches Spektrum zurück: Neben den Analysen der explorativen Interviews enthält der Forschungsbericht zahlreiche Bilddokumente wie Skizzen, Fotos und Collagen sowie eine Vielzahl von O-Tönen der befragten Jugendlichen, die authentische Einblicke quer durch alle jungen Lebenswelten liefern. Die Studie ist ab sofort im Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung als Buch oder zum kostenfreien Download als ePub verfügbar: SINUS-Jugendstudie 2024 – „Wie ticken Jugendliche?“ | Presse | bpb.dehttps://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/549425/sinus-jugendstudie-2024-wie-ticken-jugendliche/

Visionen für die Schule von morgen

Die Ergebnisse der SINUS-Jugendstudie zeichnen ein teilweise ernüchterndes Bild vom Lernort Schule. Neben der oben erwähnten mangelnden Digitalisierung fühlt sich grundsätzlich nur die Hälfte der Jugendlichen in der Schule wohl. Sie berichten von kaum vorhandenen Möglichkeiten zur Teilhabe, überforderten Lehrkräften oder Diskriminierung. Zwei Drittel der Schüler:innen berichten in den Interviews von Diskriminierungserfahrungen in der Schule, während außerhalb nur zwei von zehn Ähnliches erleben.

Wie Partizipation – und damit demokratisches Denken und Handeln – in Schule ermöglicht werden kann, zeigen zwei Beispiele der DKJS.

Beteiligung erfahrbar machen

Nicht nur die aktuelle SINUS-Studie macht deutlich: Bildung und Schule sind essenziell, um Kindern und Jugendlichen Selbstwirksamkeit und Beteiligung nahezubringen. Schule ist dabei nicht nur Lern-, sondern auch Lebensort, der eine ganze Generation prägt. Your Vision Schule NRW – Junge Beteiligung für die Schulehttps://www.yourvision-nrw.de/ ist ein gerade gestartetes Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, das genau das macht: In einem umfassenden Beteiligungsprozess sammelt die DKJS gemeinsam mit Schulen in NRW die Perspektiven von Schüler:innen, macht ihre Ideen sichtbar und entwickelt im Austausch mit Schüler:innen und Bildungsverwaltung Visionen zur Schule von morgen.

Auch Mitwirkung mit Wirkunghttps://www.schuelermitwirkung.de/ – ein sächsisches Landesprogramm – stärkt Schüler:innemitwirkung an Schulen. Das Ziel: eine demokratische Schule von allen an Schulen Beteiligten gestalten zu lassen. Neben den Angeboten für pädagogische Fachkräfte bietet das Programm sachsenweit Fortbildungen für Schüler:innenvertretungen an. In Mitwirkungsseminaren lernen Schüler:innenvertretende die Basics zu Beteiligungsmöglichkeiten am Schulleben. Sie erhalten praxisnahes Knowhow, um ihre Aufgaben und Rechte innerhalb und außerhalb der Schüler:innenvertretung gut wahrzunehmen und eine demokratische Schulkultur mitzugestalten. Das Besondere an Mitwirkung mit Wirkung ist der Peer-to-Peer-Ansatz: Jugendliche leiten die Seminare für Jugendliche. Sie geben nicht nur ihr Wissen weiter, sondern auch eine gute Portion Motivation, sich für die Belange von Schüler:innen einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen.

Autor:in

Name Autor:in

Svenja Schönbeck

Svenja Schönbeck arbeitet in der Kommunikation. Sie ist im Team bekannt für ihren Überblick und ihre guten Reisetipps. 

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